Was passiert, wenn der bisherige Eigentümer nicht auszieht?

Die Vorstellung ist unbequem: Du ersteigerst ein Objekt, erhältst den Zuschlag, doch der bisherige Eigentümer bleibt einfach wohnen. In der Praxis ist dieses Szenario seltener, als viele denken, aber es kommt vor. Wichtig ist zu wissen, dass du als neue:r Eigentümer keineswegs rechtlos bist. Mit klaren gesetzlichen Instrumenten, taktischem Vorgehen und einer Portion Empathie lässt sich das Risiko «Nicht-Auszug» managen, ohne dass sich dein Investment in eine Dauerkonfliktzone verwandelt.

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1 Rechtslage nach dem Zuschlag

1.1 Eigentumsübergang

• Zuschlag = originärer Erwerb (Art. 656 ZGB), du wirst Eigentümer, sobald das Betreibungsamt den Zuschlag erteilt.
• Eintrag im Grundbuch hat deklaratorische Wirkung, die Rechte beginnen bereits mit Zuschlagsbeschluss.

1.2 Besitz vs. Eigentum

Der bisherige Eigentümer ist zwar rechtlich nicht mehr Eigentümer, bleibt aber häufig Besitzer. Das Schweizer Recht schützt auch den Besitz, du brauchst also einen gerichtlich vollstreckbaren Titel, um ihn aus dem Haus zu weisen.

2 Praktischer Ablauf der Räumung

1. Fristsetzung Gleich nach Zuschlag schriftlich eine angemessene Auszugsfrist (meist 30 Tage) ansetzen.
2. Betreibungsamt einbinden Amt informiert Schuldner nochmals über Rechtslage, oft genügt dies für eine einvernehmliche Lösung.
3. Räumungsklage Wenn keine Reaktion erfolgt, beim Friedensrichter Räumungsklage einreichen.
4. Urteil & Zwangsräumung Nach rechtskräftigem Urteil beauftragt das Gericht den Gerichtsvollzieher / Betreibungsbeamten, Kosten trägt in der Regel die unterliegende Partei (d. h. der Ex-Eigentümer).

«Geduld spart Geld. In über 70 % der Fälle klappt der Auszug innerhalb der gesetzten Frist, ohne formelle Räumungsklage.»

3 Welche Kosten können entstehen?

Posten	Bandbreite CHF	Spar-Tipp
Anwalt / Rechtsvertretung	1 500 - 4 000	Rechtsschutz prüfen
Gerichtsgebühr	800 - 1 500	Einvernehmliche Regelung anstreben
Zwangsräumung (Umzug, Entsorgung)	2 000 - 6 000	Angebot zur Umzugskostenhilfe
Verzögerte Miet-/Nutzungserträge	variabel	Puffer von 3 Monaten einkalkulieren

4 Fünf Strategien, um Konflikte zu vermeiden

1. Frühzeitiger Dialog Noch vor der Versteigerung Kontakt aufnehmen, Umzugshilfe signalisieren, Respekt baut Widerstände ab.
2. Übergabeprotokoll anbieten Schriftliche Fixierung des Zustands, kleine Rückzahlung (Goodwill) bei ordentlicher Räumung.
3. Kurzfristige Mietvereinbarung Zwischenlösung von 1-3 Monaten entlastet Schuldner, schafft klare Rechtsbasis.
4. Versicherung gegen Nutzungsausfall Manche Sachversicherer decken Einnahmeausfälle bis 6 Monate.
5. Puffer einplanen Budgetiere 10 % Reserve für Verzögerungskosten, so bleibst du gelassen.

5 Fallbeispiel: Zürcher Mehrfamilienhaus

Investor V. ersteigerte 2024 ein MFH in Zürich-Wiedikon. Der Schuldner weigerte sich auszuziehen. Massnahmen: Fristsetzung 30 Tage, Angebot: CHF 3 000 Umzugspauschale. Ergebnis: Freiwilliger Auszug nach 21 Tagen, Kosten vs. Zwangsräumung gespart ≈ CHF 7 500, Projektstart termingerecht.

6 Schnell-Checkliste nach dem Zuschlag

• Zuschlagsprotokoll + Grundbuchauszug sichern
• Schriftliche Auszugsfrist (Eingeschrieben)
• Betreibungsamt informieren und Termin setzen
• Rechtschutz / Anwalt auf Stand-by
• Puffer & Versicherung prüfen

7 FAQ

Kann ich den Ex-Eigentümer einfach «aussperren»?

Nein. Eigenmächtige Besitzentziehung ist strafbar. Immer den rechtsstaatlichen Weg über Räumungsklage wählen.

Muss ich eine Übergabe akzeptieren, wenn das Objekt beschädigt ist?

Schäden nach Zuschlag kannst du gerichtlich geltend machen, Beweise (Fotos, Gutachten) sofort sichern.

8 Fazit: Klare Regeln, klarer Plan, dann klappt’s

Ein nicht ausziehender Vorbesitzer ist kein Dealbreaker, sondern ein organisierbares Ereignis. Mit rechtlichem Know-how, klaren Fristen und einem Hauch Verhandlungsgeschick lässt sich jedes Objekt zügig freistellen. Plane realistisch, agiere respektvoll, und dein Zwangsversteigerungskauf bleibt auf Erfolgskurs.