Haus in Steinen SZ für 50.000 CHF ersteigert: Zwangsversteigerung schafft Schnäppchen

Ein Einfamilienhaus mitten am Dorfplatz von Steinen (SZ) wurde im Mai 2023 für sensationelle 50 000 CHF versteigert, bei einem amtlichen Schätzwert von 640 000 CHF. Damit erzielte die Zwangsverwertung einen Rabatt von über 92 % auf den Verkehrswert und hat eindrücklich gezeigt, welche Chancen gut vorbereitete Bieter in der Schweiz haben.

1 Das Objekt im Überblick

Adresse: Dorfplatz 2, Steinen SZ, leicht zurückversetzt an zentraler Lage.
Baujahr & Typ: Ca. 1950er-Jahre, 65 m² Wohnfläche über Garagen- und Lagerräumen, kein Umschwung.
Besonderheiten: Gültiger Mietvertrag bis Ende 2027, der auf den Meistbieter überging.
Hypotheken: Keine Grundpfandlasten, die Käuferin musste lediglich den Zuschlagspreis zahlen.
Zuschlagsgebühr: 1,5 % Betreibungsamtsgebühr plus Grundbuchkosten (Kanton Schwyz).

«Grosses Staunen … Das Haus am Dorfplatz 2 wurde auf 640’000 Franken geschätzt und ging für 50’000 Franken raus.»

2 Warum nur 50 000 CHF? Eine Analyse

Alleiniger Mietvertrag: Die Wohnung bleibt bis frühestens Ende 2027 vermietet, ein Hemmschuh für Selbstnutzer.
Kein Garten, Sanierungsstau: Das Objekt bietet weder Umschwung noch moderne Haustechnik und verlangt Investitionen.
Niedrige Bieterzahl: Nach einer ersten, spannenderen Auktion des Nachbarhauses waren noch vier Personen im Saal, nur eine bot tatsächlich.
Psychologie des «zweiten Objekts»: Wer sich im ersten Durchlauf ausgeboten hat, zeigt im zweiten oft Zurückhaltung, ein bekanntes Auktionsmuster.

3 Ablauf und Rechtsgrundlagen

3.1 SchKG-Verfahren in fünf Schritten

Betreibungsbegehren durch Gläubiger (Art. 67 ff. SchKG).
Pfändung & Schätzung hier 640 000 CHF laut Betreibungsamt.
Öffentliche Bekanntmachung min. 4 Wochen vorher, Amtsblatt & Internet.
Doppelaufruf wegen Mietvertrags: erst mit, dann (verkürzt kündbar) mit Mietvertrag, Letzteres brachte den einzigen Zuschlag.
Zuschlag & Anzahlung 10 % oder bis 100 000 CHF sofort zu leisten (Art. 136 Abs. 2 SchKG).

3.2 Was ist der Doppelaufruf?

Beim Doppelaufruf werden Immobilie und belastende Rechte (z. B. langfristige Mietverträge) zuerst mit und danach ohne diese Rechte, oder mit verkürzter Bindung, versteigert. Zuschlag erhält das wirtschaftlich bessere Gesamtresultat, sodass sowohl Gläubiger als auch rangniedere Interessenten optimal geschützt sind.

4 Chronologie des «Schnäppchen-Deals»

Datum	Ereignis
Frühjahr 2023	Betreibungsamt Steinen publiziert Schätzung & Steigerungsbedingungen.
25. Mai 2023	Öffentliche Auktion in Steinen, nur ein Gebot (50 000 CHF), sofortiger Zuschlag.
Sommer 2023	Beschwerdefrist verstreicht, Eigentumsübertragung wird im Grundbuch vollzogen.
2024 - 2025	Käufer plant sanfte Renovationen, Mietverhältnis läuft weiter.

5 Ökonomische Einordnung

Barriere für Konkurrenten: Mietbindung reduzierte den Sofortnutzen und damit das Interesse.
Renditepotenzial: Selbst bei 40 000 CHF zusätzlichem Sanierungsbudget liegt der Totalaufwand bei 90 000 CHF. Eine Miete von 1 200 CHF/Monat ergibt brutto 16 % Jahresrendite.
Vergleichswerte: In ähnlicher Lage kosten sanierungsbedürftige EFH in Schwyz Ø 8 000 CHF/m², hier liegt der effektive Preis unter 800 CHF/m².

6 Best-Practice-Tipps für künftige Bietende

Steigerungsanzeigen beobachten: Amtsblätter, ricardo.ch «Steigerungskalender» und kantonale Plattformen wöchentlich prüfen.
Budget & Anzahlung sichern: Bankzusage oder Bargeld (bis 100 000 CHF) nach Art. 136 SchKG vor der Auktion bereitstellen.
Vertragslasten verstehen: Mietverträge, Wohnrechte und Wegservitute können Wertbremsen sein, oder Preishebel.
Doppelaufruf zu deinem Vorteil: Bei unerwünschten Lasten auf zweiten Aufruf warten, manchmal bleibt man alleiniger Bieter.

FAQ zur Zwangsversteigerung in Steinen

Kann jeder mitbieten?
Ja. Ausser man untersteht der Lex Koller (Betroffen bei ausländischen Käuferinnen ohne Niederlassung).

Muss ich die Mietverträge übernehmen?
Ja, sofern sie beim Zuschlag noch gelten. Eine Kündigung ist erst zu den gesetzlichen Terminen möglich.

Wie hoch ist das Risiko?
Mit gründlicher Due-Diligence (Bausubstanz, Altlasten, Servitute) und Reserven für Sanierung bleibt das Risiko kalkulierbar, der tiefe Kaufpreis bietet grossen Puffer.

7 Learnings aus Steinen

Timing + Vorbereitung = Erfolg: Wer Anzahlung, Grundbuchauszüge und Objektkenntnis mitbringt, kann mangels Konkurrenz unerwartete Schnäppchen realisieren.
Kleine Auktionen, grosse Chancen: In ländlichen Gemeinden findet man Zwangsverwertungen oft unter dem Radar.
Regeln kennen: SchKG-Abläufe, Doppelaufruf und Finanzierungssicherheit sind das Handwerkzeug jeder erfolgreichen Bieterin.

8 Fazit

Der spektakuläre Zuschlag von Steinen beweist: Schweizer Zwangsversteigerungen sind kein Nischenphänomen für Profis, sondern bieten auch Privatpersonen reale Gelegenheit, Wohneigentum zu einem Bruchteil des Marktwerts zu erwerben. Wer Verfahren, Fristen und finanzielle Spielregeln verinnerlicht, kann aus vermeintlichen Notverkäufen Win-Win-Situationen für sich und die Gläubiger schaffen, ganz ohne Schattenseiten für die Rechtssicherheit.