Zwangsversteigerung erklärt: So läuft eine Immobilienversteigerung in der Schweiz ab

Vom Betreibungsamt bis Zuschlag: Der Ablauf in 12 Schritten

1. Betreibung & Pfändung/Grundpfandverwertung: Der Gläubiger leitet die Betreibung ein; bei grundpfandgesicherten Forderungen erfolgt die Verwertung der Liegenschaft. Das Betreibungsamt führt das Verfahren.
2. Schätzung & Verkehrswert: Ein Sachverständiger ermittelt den Verkehrswert (amtliche Referenz). Er ist kein Mindestpreis, sondern Orientierung für Bieter.
3. Publikation: Termin, Objektangaben und Steigerungsbedingungen werden auf der Website des Betreibungsamts bzw. im SHAB veröffentlicht. Daraus ergeben sich Fristen für Akteneinsicht, Besichtigung und Sicherheitsleistung.
4. Dossier sichten: Grundbuchauszug, Lastenverzeichnis, Schätzungsbericht, Miet- oder Nutzungsverträge, allfällige Dienstbarkeiten. Unklare Punkte mit dem Amt klären.
5. Besichtigung: Einzel- oder Sammeltermine. Zustand (Hülle/Haustechnik), Energie, baurechtliche Lage und allfällige Besetzungen prüfen.
6. Sicherheitsleistung: In der Regel Barkaution/Bankgarantie gemäss Steigerungsbedingungen; Höhe, Frist und Form variieren je Kanton/Objekt. Nachweis rechtzeitig bereitstellen.
7. Zulassung: Identifikation, Nachweis der Sicherheitsleistung, allfällige Vollmachten. Bieternummer wird vergeben.
8. Versteigerung: Aufruf, Bietschritte gemäss Bedingungen, Zwischenrufe. Bei Uneinigkeit entscheidet der Steigerungsleiter.
9. Zuschlag: Höchstgebot erhält den Zuschlag. Der Vertrag kommt öffentlich-rechtlich zustande; Widerruf ist ausgeschlossen, ausser in den gesetzlich vorgesehenen Fällen.
10. Zahlung & Kosten: Anzahlung gemäss Bedingungen, Restzahlung innert Frist. Zu übernehmen sind publizierte Lasten/Abgaben; nicht überbindbare Forderungen werden aus dem Erlös gedeckt.
11. Eigentumsübertragung: Eintragung im Grundbuch; Nutzen/Gefahren gehen gemäss Bedingungen über. Räumung/Übernahme von Mietverhältnissen richtet sich nach ZGB/OR und Betreibungsrecht.
12. Nachbearbeitung: Versicherungen umstellen, Zählerstände melden, Capex- und Ertüchtigungsplan umsetzen.

Timing & Marktlogik: Wann laufen die meisten Auktionen?

Der Auktionskalender zeigt regelmässige Wellen. 2024 entfielen die meisten neuen Termine auf Juni (75) und Oktober (62); ruhiger sind Juli (19) und August (29). 2023 lagen die Hochpunkte im März (79) und Juni (79). Wer bis Frühjahr Due Diligence und Finanzierung fixiert, hat in den Peak-Monaten die besten Karten.

Was kommt unter den Hammer? Die häufigsten Objekttypen

Wohnnutzungen dominieren durchgehend. 2024 stellten Wohnhäuser (256) und Eigentumswohnungen (204) zusammen rund 75 % aller Verfahren. Vergleichbar hoch war ihr Anteil bereits 2021–2023. Für Käufer bedeutet das: beste Datendichte und Benchmarks in diesen Kategorien.

Ticketgrössen im Überblick

• Villen sind die teuerste Kategorie (Ø 2024: ~3.92 Mio. CHF; 2023: ~5.1 Mio. CHF).
• Wohn-/Geschäftshäuser und Mehrfamilienhäuser liegen im Schnitt im siebenstelligen Bereich.
• Wohnhäuser und Eigentumswohnungen bilden die breite Mitte des Markts.

Für die Gebotslogik zählt der Einzelfall (Zustand, Lage, Rechtslage) – Durchschnittswerte dienen als Startpunkt, nicht als Zielpreis.

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Gebotsdisziplin: Zwei einfache Modelle für den Zuschlag zum fairen Preis

// Bestandshalter (Cashflow-getrieben)
MaxBid = NOI / Ziel-CapRate
         - (sofortiger Capex + Transaktionskosten)
         - Sicherheitsmarge

// Entwickler (Residualwert)
Land/Objektwert ≈ Verkaufserlös (nach Sanierung/Projekt)
                  – (Bau-/Sanierungskosten + NK)
                  – (Marge + Risikoaufschlag)

Tipp: In Kantonen mit hoher Fallzahl sind Vergleichswerte dichter – ideal, um die Ziel-CapRate realistisch zu kalibrieren.

Regionale Orientierung: Wo sich die Suche lohnt

• Deal-Flow-Cluster: TI, VD, BE, VS, SO – konstant viele Termine, breite Preisspanne. [oai_citation:0‡Marktbericht-CH-2024_final-1.pdf](file-service://file-2yDbZ1FZEzN78WqWgPAhv5)
• Per-Kopf aktiv: TI, JU, VS, SO, GL – höhere Trefferquote je beobachtetem Dossier. [oai_citation:1‡Marktbericht-CH-2024_final-1.pdf](file-service://file-2yDbZ1FZEzN78WqWgPAhv5)
• Premium-/Core: ZH, GE, ZG, SZ, LU – weniger Lose, dafür hohe Werthaltigkeit. [oai_citation:2‡Marktbericht-CH-2023-final.pdf](file-service://file-Tv8vuLu7owUuuYShBzDcRd)

Praxis-Playbook nach Kantonsprofil

Cluster	Kantone (A–Z)	Vorteil	Strategie
Pipeline	BE, TI, VD, VS, SO	Viele Vergleichsfälle	Mehrere Dossiers parallel; Standard-DD
Per-Kopf	GL, JU, SO, TI	Kleinere Bieterfelder	Schnelle Entscheidungen, striktes MaxBid
Premium	GE, LU, SZ, ZG, ZH	Hohe Exit-Liquidität	Selektiv bieten, ESG/Design-Mehrwert einpreisen

Hinweis: Rangfolgen schwanken von Jahr zu Jahr leicht; die obigen Muster sind über 2021–2024 stabil.

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Checkliste: Was vor dem Biettag erledigt sein sollte

• Dossier vollständig: Grundbuch/Lasten, Schätzung, Miet-/Nutzungsverträge, Baubewilligungen.
• Rechtslage: Dienstbarkeiten, Vorkaufsrechte, Übernahme von Mietverhältnissen, allfällige Besetzungen.
• Sicherheitsleistung: Höhe, Frist, zulässige Formen; Bankbestätigung rechtzeitig.
• Finanzierung: Termsheet/Kreditentscheid; Auszahlungstermine passen zur Zahlungsfrist.
• Capex-Plan: Sofortmassnahmen (Sicherheit, Gebäudehülle, Haustechnik) und 24-Monats-Plan.
• MaxBid: Schriftlich fixieren (Modelle oben) – am Auktionspult nicht überschreiten.

FAQ: Häufige Missverständnisse im Auktionsprozess

• „Verkehrswert = Preis?“ Nein. Er ist die amtliche Schätzung – Zuschlag kann darunter/ darüber liegen.
• „Mit Zuschlag sofort im Besitz?“ Eigentum geht mit Grundbucheintrag über; Nutzung/Räumung folgt den Bedingungen und dem Betreibungsrecht.
• „Alle Kosten sind im Zuschlagspreis enthalten?“ Nein. Publizierte, überbindbare Lasten/Abgaben können zusätzlich zu tragen sein.

Kanton-Quicklinks (alle 26)

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„Erfolg in der Zwangsversteigerung ist kein Zufall: Wer Aktenlage, Timing und Gebotsdisziplin beherrscht, kauft näher am Wert und erhöht die Zuschlagschancen spürbar.“