16. Juni 2025
Zwangsversteigerungen, offiziell Grundpfandverwertungen, waren lange ein Nischensegment des Schweizer Immobilienmarkts. Inzwischen gewinnen sie an strategischer Bedeutung: für Investoren als Discount-Einstieg, für Gemeinden als Instrument zur Reaktivierung problematischer Liegenschaften und für Banken zur raschen Forderungsverwertung. Dieser Beitrag analysiert die jüngsten Trends (2015-2024*), identifiziert die Treiber und wagt einen Ausblick bis 2030.
*2024: provisorische Werte (Stand Juni 2025)
Jahr | Anzahl Versteigerungen | Δ ggü. Vorjahr |
---|---|---|
2015 | 5 321 | - |
2018 | 5 657 | Ø +1,7 % p.a. (2016-18) |
2020 | 5 926 | COVID‑Verzögerung, +1,2 % |
2022 | 6 123 | +3,3 % |
2024* | 6 420 | +4,8 % (prov.) |
Quelle: BFS Betreibungs- und Konkursstatistik, kantonale Amtsberichte. *2024: vorläufige Totalzahl.
Interpretation: Seit 2015 steigt das Volumen moderat (Ø +2,1 % p.a.). Die Dynamik hat sich nach der Zinswende (ab Q3 2022) und inflationsbedingten Haushaltsbelastungen spürbar beschleunigt.
Schätzungen gemäss kantonalen Jahresberichten 2021‑2024.
2015: Ø‑Discount 9,5 % (Wohnungen), 13 % (EFH).
2024*: Ø‑Discount 11,0 % (Wohnungen), 14 % (EFH).
*2024: Mittelwert aus Gerichtsprotokollen Q1‑Q4/2024, Datensatz n = 412.
Ursachen:
1. Steigende Finanzierungskosten → weniger Bieter.
2. Höherer Sanierungsstau bei Altliegenschaften.
3. Professionalisierung grosser Akteure drückt unerfahrene Einsteiger heraus.
Die Teilrevision des SchKG (in parlamentarischer Beratung, Entwurf 2022) ermöglicht erstmals elektronische Ganten. Seit 2024 laufen kantonale Pilotplattformen für bewegliche Güter (z. B. Basel‑Stadt «eGant»). Immobilienpiloten sind laut BJ‑Roadmap frühestens ab 2026 realistisch.
Die geplante Revision des CO₂‑Gesetzes (Rohentwurf 2025) diskutiert verschärfte Nachweispflichten für grosse Gebäude (> 1 000 m² NGF). Ein verbindlicher Sanierungsfahrplan ist jedoch noch nicht beschlossen. Käufer kalkulieren künftige Energie‑Investitionen dennoch bereits in die Gebote ein, das erhöht die Abschläge bei energetisch schwachen Objekten.
Versteigerungen steigen bis 2030 moderat auf rund 7 000 p.a.
Discounts stabilisieren, Renditen bleiben attraktiv für
Bieter mit Sanierungs‑ und Energiekompetenz.
Volumen ≈ 8 500, Discounts ≥ 20 %, Opportunität für Cash‑reiche Akteure, aber erhöhte Leerstandsrisiken ausserhalb der Metropolen.
Massive Subventionen halbieren Sanierungskosten, Nachfrage nach Altbauten steigt, Discounts sinken unter 10 %.
Der Schweizer Zwangsversteigerungsmarkt wächst langsam, aber stetig und professionalisiert sich sichtbar. Wer Finanzierung, Sanierung und Regulatorik im Griff hat, findet hier auch künftig attraktive Einstiegspreise, besonders in Energiesanierungen und in Regionen mit strukturellem Wandel. Der Schlüssel bleibt datengestützte Due‑Diligence und eine flexible Strategie, die Kapital, Bau‑Know‑how und ESG vereint.
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